Summerjam 99 - 02.-04.07.99

Eindrücke

Bei phantastischem Sommersonnenwetter fand das mittlerweile wohl größte europäische Reggaefestival unter optimalen äußeren Bedingungen statt. Es kamen angeblich wesentlich mehr ZuschauerInnen als die 20.000, die erwartet worden waren, so daß sowohl die Parkplätze als auch die um die Bühneninsel am Ufer des Sees gelegenen Campingplätze hoffnungslos überfüllt waren. Das konnte jedoch die allgemeine Stimmung nicht trüben.

Freitag

Umoya
Eine gelungene Einstimmung durch die Bonner Band Umoya. Diese überzeugte nicht nur durch ihre Musik und technische Qualität, sondern auch durch die den Musikern anzumerkende Begeisterung, die sich schnell auf das Publikum übertrug.

Mango
Die Band aus der Dominikanischen Republik wirkte mit ihrer Mischung aus Hip Hop, Reggae und Rap etwas gewöhnungsbedürftig und kam mit ihrer Musik nicht so gut beim Reggae erwartenden Publikum an, so daß ein gewisser Stimmungsbruch spürbar wurde.

Gentleman and the Killin Riddim Section
Der Kölner Lokalmatador riß besonders in der ersten halben Stunde seines Auftritts das Publikum mit seinem Dancehall Ragga Toasting Style mit. Nach anfänglicher Begeisterung machte sich jedoch bald eine gewisse Eintönigkeit breit, da seine Rhythmen sich endlos wiederholten. Auch mit seinen perfekten Patois Toastings hinterließ er in unseren Augen eher den Eindruck einer gewissen kulturellen Gespaltenheit. Angesichts seines Auftritts vor vornehmlich deutschsprachigem Publikum hätte er sich vielleicht an den Worten Burning Spears, des Altmeisters, orientieren sollen: "Never forget your roots". Angesichts seiner sprachlichen Kenntnisse hätte er dann eine Mittlerrolle zwischen den übrigen auftretenden Musikern und ihrer Message übernehmen können. So jedoch wirkte er auf uns eher wie jemand, dessen Repertoire sich in reiner Imitation erschöpft, da er keinen sicheren Grund hat, aus welchem heraus er seine musikalische Kreativität erweitern könnte. Böswillige Zungen könnten ihm seine ständigen Patois-Zwischenkommentare vor dem heimischen Publikum gar als Arroganz auslegen.

Freundeskreis
Auch der Auftritt dieser jungen Band auf dem größten europäischen Reggaefestival wirkte auf uns etwas verfehlt. Zwar haben sie gerade mit ihrem aktuellen Album "Esperanto" große Aufmerksamkeit auf sich gezogen, aber leider konnten sie mit ihren eher ruhigen Songs die Zuhörer nicht gerade in Tanzstimmung versetzen.
Es zeigte sich, daß es nicht genügt, eine zugegebenermaßen originelle Neuinterpretation des alten Reggae-Klassikers "Police and Thiefes" von Junior Murvin, mit deutschem Text in die Charts zu bringen, um ihren Auftritt beim Summerjam zu einem Erfolg werden zu lassen. Dafür wirkte die durch ihre Stücke hervor gerufene Stimmung einfach nicht mitreißend genug.

Khadja Nin
Schließlich jedoch sorgte Khadja Nin mit ihrem Auftritt noch für einen versöhnlichen Abschluß, der auch das Publikum zufriedenstellte.

Samstag

Postmen
Den Opener Sixth Revelation aus JA haben wir leider verpaßt. Anschließend überzeugte die niederländische Band Postmen mit druckvollen Arrangements und einer Mischung aus Reggae, HipHop und Raggaeinflüssen.

Leider mußten wir uns zwischenzeitlich wieder eine längere Pause gönnen, so daß wir auch die Auftritte von Yellowman und auch Ky-Mani Marley verpaßt haben. Aber irgendwann mußten wir eine Relaxpause einlegen, um uns für die Höhepunkte des späten Nachmittages bis in die Nacht hinein zu stärken.

Luciano
Die absoluten Hauptacts kamen dann am späten Nachmittag. Zunächst betrat Luciano die Bühne mit seiner vielköpfigen Begleitband und Dean Frazer am Saxophon. Schon mit seinem Intro versetzte er das Publikum in eine ausgelassene Tanzstimmung, die sich weiter steigerte. Mit seinen Stücken riß er die Zuhörer vollkommen mit, dazu verausgabte er sich selbst und beeindruckte auch durch ausgefallene Tanzeinlagen auf der Bühne, wobei er mit seinem Stock sowohl die gesamte Band als auch das Publikum dirigierte, ohne dabei aus dem Takt zu geraten. Positiv fiel uns auf, daß er während seines Auftritts immer wieder den Kontakt zu den Zuhörern suchte.

Anthony B.
Wer geglaubt hatte, die Stimmung könne sich jetzt kaum noch steigern und müsse abflauen, der sah sich schnell getäuscht, als Anthony B., der angekündigte Überraschungsgast, der als Vertretung für Sizzla eingesprungen war, die Bühne in seinem weißen Abyssinians-Outfit betrat. Auch ihm gelang es sofort, das Publikum für sich zu gewinnen. Mit seinen Riddims traf er den Nerv der Zuhörer, die viele seiner Songs bereits kannten und mitsangen. Zwischendurch gab er noch Erklärungen zu seinen Songs ab. Man merkte ihm und auch den übrigen Bandmitgliedern die Freude an diesem Auftritt an, und diese Begeisterung hielt sich über die gesamte Länge seines Auftritts.

 

Burning Spear
Vor ~ 20.000 mittlerweile etwas ausgepowerten Zuschauern betrat dann gegen 22.30 der Altmeister des Roots-Reggae, Burning Spear, die Bühne. Mit seinen ersten Worten: "People at Summerjam how d`you feel?" riß er Aufmerksamkeit der Zuhörer sofort an sich. Mit seiner Burning Band und ihren ausgezeichneten Bläsereinsätzen spielte er in gewohnter Perfektion und begeisterte das Publikum mit seinen bekannten, mittlerweile schon klassischen Songs. Schade nur, daß er keine neuen Stücke präsentieren konnte. Das wäre wahrlich die absolute Krönung eines mitreißenden Reggaeereignisses gewesen.

Sonntag

Chill Out
Da wir leider wieder früh zurück fahren mußten, (der Alltag rief!), haben wir die auftretenden Bands am Sonntag größtenteils nicht mehr sehen können. Der Opener am Mittag, die deutsche Gruppe Chill Out aus Essen, bildete für uns das musikalische Ende des Festivals. Die Songs dieser eingespielten Band waren druckvoll und harmonisch, überzeugend auch der Einsatz der Keyboards!


Schlußbemerkung

Natürlich gäbe es noch viel mehr zu berichten, aber wir wollten euch zumindest einen kleinen Eindruck vom Festival und von den Auftritten vermitteln, die wir persönlich miterlebt haben.

Ein negativer Aspekt des ansonsten rundum gelungenen Festivals bleibt zum Schluß noch anzumerken, und der betrifft die mehrmals miterlebte unfreundliche, ja teilweise sogar agressive Stimmung, die durch den eingesetzten Security-Dienst, der ja nicht nur für Ordnung, sondern auch für die Sicherheit der Festivalbesucher sorgen sollte, erzeugt wurde. Dadurch waren viele Leute verärgert. Ein wenig mehr psychologisches Einfühlungsvermögen der zum Teil noch sehr jungen Sicherheitskräfte wäre manchmal wünschenswert gewesen, dann hätten sie problematische Situationen, anstatt sie durch ihr unfreundliches Verhalten noch anzuheizen, diese schon im Vorfeld verbal entschärfen könnten.

Mehr Infos und Kommentare zum Summerjam 99 findet ihr auch auf der Seite von Peter Beckhaus, der German Reggaenode: http://www.reggaenode.de/summerjam/index.html

 

Roots & Rootswoman
Olaf & Angela