Bei phantastischem Sommersonnenwetter fand das mittlerweile
wohl größte europäische Reggaefestival unter optimalen äußeren Bedingungen statt. Es
kamen angeblich wesentlich mehr ZuschauerInnen als die 20.000, die erwartet worden waren,
so daß sowohl die Parkplätze als auch die um die Bühneninsel am Ufer des Sees gelegenen
Campingplätze hoffnungslos überfüllt waren. Das konnte jedoch die allgemeine Stimmung
nicht trüben.
Freitag
Umoya
Eine gelungene Einstimmung durch die Bonner Band Umoya. Diese überzeugte nicht nur durch
ihre Musik und technische Qualität, sondern auch durch die den Musikern anzumerkende
Begeisterung, die sich schnell auf das Publikum übertrug.
Mango
Die Band aus der Dominikanischen Republik wirkte mit ihrer Mischung aus Hip Hop, Reggae
und Rap etwas gewöhnungsbedürftig und kam mit ihrer Musik nicht so gut beim Reggae
erwartenden Publikum an, so daß ein gewisser Stimmungsbruch spürbar wurde.
Gentleman and the Killin Riddim Section
Der Kölner Lokalmatador riß besonders in der ersten halben Stunde seines Auftritts das
Publikum mit seinem Dancehall Ragga Toasting Style mit. Nach anfänglicher Begeisterung
machte sich jedoch bald eine gewisse Eintönigkeit breit, da seine Rhythmen sich endlos
wiederholten. Auch mit seinen perfekten Patois Toastings hinterließ er in unseren Augen
eher den Eindruck einer gewissen kulturellen Gespaltenheit. Angesichts seines Auftritts
vor vornehmlich deutschsprachigem Publikum hätte er sich vielleicht an den Worten Burning
Spears, des Altmeisters, orientieren sollen: "Never forget your roots".
Angesichts seiner sprachlichen Kenntnisse hätte er dann eine Mittlerrolle zwischen den
übrigen auftretenden Musikern und ihrer Message übernehmen können. So jedoch wirkte er
auf uns eher wie jemand, dessen Repertoire sich in reiner Imitation erschöpft, da er
keinen sicheren Grund hat, aus welchem heraus er seine musikalische Kreativität erweitern
könnte. Böswillige Zungen könnten ihm seine ständigen Patois-Zwischenkommentare vor
dem heimischen Publikum gar als Arroganz auslegen.
Freundeskreis
Auch der Auftritt dieser jungen Band auf dem größten europäischen Reggaefestival wirkte
auf uns etwas verfehlt. Zwar haben sie gerade mit ihrem aktuellen Album
"Esperanto" große Aufmerksamkeit auf sich gezogen, aber leider konnten sie mit
ihren eher ruhigen Songs die Zuhörer nicht gerade in Tanzstimmung versetzen.
Es zeigte sich, daß es nicht genügt, eine zugegebenermaßen originelle Neuinterpretation
des alten Reggae-Klassikers "Police and Thiefes" von Junior Murvin, mit
deutschem Text in die Charts zu bringen, um ihren Auftritt beim Summerjam zu einem Erfolg
werden zu lassen. Dafür wirkte die durch ihre Stücke hervor gerufene Stimmung einfach
nicht mitreißend genug.
Khadja Nin
Schließlich jedoch sorgte Khadja Nin mit ihrem Auftritt noch für einen versöhnlichen
Abschluß, der auch das Publikum zufriedenstellte.
Samstag
Postmen
Den Opener Sixth Revelation aus JA haben wir leider verpaßt. Anschließend überzeugte
die niederländische Band Postmen mit druckvollen Arrangements und einer Mischung aus
Reggae, HipHop und Raggaeinflüssen.
Leider mußten wir uns zwischenzeitlich wieder eine längere Pause gönnen, so daß wir
auch die Auftritte von Yellowman und auch Ky-Mani Marley verpaßt haben. Aber irgendwann mußten wir eine
Relaxpause einlegen, um uns für die Höhepunkte des späten Nachmittages bis in die Nacht
hinein zu stärken.
Luciano
Die absoluten Hauptacts kamen dann am späten Nachmittag. Zunächst betrat Luciano
die Bühne mit seiner vielköpfigen Begleitband und Dean Frazer am Saxophon. Schon mit
seinem Intro versetzte er das Publikum in eine ausgelassene Tanzstimmung, die sich weiter
steigerte. Mit seinen Stücken riß er die Zuhörer vollkommen mit, dazu verausgabte er
sich selbst und beeindruckte auch durch ausgefallene Tanzeinlagen auf der Bühne, wobei er
mit seinem Stock sowohl die gesamte Band als auch das Publikum dirigierte, ohne dabei aus
dem Takt zu geraten. Positiv fiel uns auf, daß er während seines Auftritts immer wieder
den Kontakt zu den Zuhörern suchte.
Anthony B.
Wer geglaubt hatte, die Stimmung könne sich jetzt kaum noch steigern und müsse abflauen,
der sah sich schnell getäuscht, als Anthony B., der angekündigte Überraschungsgast, der
als Vertretung für Sizzla eingesprungen war, die Bühne in seinem weißen
Abyssinians-Outfit betrat. Auch ihm gelang es sofort, das Publikum für sich zu gewinnen.
Mit seinen Riddims traf er den Nerv der Zuhörer, die viele seiner Songs bereits kannten
und mitsangen. Zwischendurch gab er noch Erklärungen zu seinen Songs ab. Man merkte ihm
und auch den übrigen Bandmitgliedern die Freude an diesem Auftritt an, und diese
Begeisterung hielt sich über die gesamte Länge seines Auftritts.
Burning Spear
Vor ~ 20.000 mittlerweile etwas ausgepowerten Zuschauern betrat dann gegen 22.30 der
Altmeister des Roots-Reggae, Burning Spear, die Bühne. Mit seinen ersten Worten:
"People at Summerjam how d`you feel?" riß er Aufmerksamkeit der Zuhörer sofort
an sich. Mit seiner Burning Band und ihren ausgezeichneten Bläsereinsätzen spielte er in
gewohnter Perfektion und begeisterte das Publikum mit seinen bekannten, mittlerweile schon
klassischen Songs. Schade nur, daß er keine neuen Stücke präsentieren konnte. Das wäre
wahrlich die absolute Krönung eines mitreißenden Reggaeereignisses gewesen.
Sonntag
Chill Out
Da wir leider wieder früh zurück fahren mußten, (der Alltag rief!), haben wir die
auftretenden Bands am Sonntag größtenteils nicht mehr sehen können. Der Opener am
Mittag, die deutsche Gruppe Chill Out aus Essen, bildete für uns das musikalische Ende
des Festivals. Die Songs dieser eingespielten Band waren druckvoll und harmonisch,
überzeugend auch der Einsatz der Keyboards!
Schlußbemerkung
Natürlich gäbe es noch viel mehr zu berichten, aber wir wollten euch zumindest einen
kleinen Eindruck vom Festival und von den Auftritten vermitteln, die wir persönlich
miterlebt haben.
Ein negativer Aspekt des ansonsten rundum gelungenen Festivals bleibt zum Schluß noch
anzumerken, und der betrifft die mehrmals miterlebte unfreundliche, ja teilweise sogar
agressive Stimmung, die durch den eingesetzten Security-Dienst, der ja nicht nur für
Ordnung, sondern auch für die Sicherheit der Festivalbesucher sorgen sollte, erzeugt
wurde. Dadurch waren viele Leute verärgert. Ein wenig mehr psychologisches
Einfühlungsvermögen der zum Teil noch sehr jungen Sicherheitskräfte wäre manchmal
wünschenswert gewesen, dann hätten sie problematische Situationen, anstatt sie durch ihr
unfreundliches Verhalten noch anzuheizen, diese schon im Vorfeld verbal entschärfen
könnten.